Veröffentlicht am

Richard Nuñez

Bald einmal sticht Núñez‘ überbreiter Goldring mit den Initialen RN ins Auge. Er kommt einem verdächtig bekannt vor. Nicht von ungefähr, wie ein Blick ins Bilderarchiv zeigt: Bereits vor 14 Jahren stolzierte er mit diesem über die Schweizer Fussballplätze. Núñez‘ Stern ging kurz nach seiner Ankunft im April 2001 auf. Sechs Tore schoss er in den ersten acht Spielen, unter anderem einen Hattrick im Derby. Der 1,72 kleine Uruguayer war dribbelstark wie sein damaliger Sturmpartner Chapuisat – und auch er schlug gerne diese schnellen Haken. Freistösse zirkelte er so selbstverständlich in die obere Ecke, wie ein Pianist am Konzert die richtigen Tasten trifft.

Zum Saisonabschluss musste GC beim amtierenden Meister St. Gallen antreten. Ein Punkt hätte gereicht, um den Titel in trockene Tücher zu bringen. Doch warum rechnen, wenn man Núñez hat? Nach zwei Minuten eröffnet er das Skore. Nach einer halben Stunde verwertet er eine Camara-Flanke volley. Per Konter trifft er zum 3:0 – und zum Schluss legt er noch für Altmeister Chappi auf. GC hatte seinen Meisterhelden.

nunez-fczUnd es sollte nicht der letzte GC-Titel gewesen sein, an dem er massgeblichen Anteil hatte. Auch zwei Jahre später ist er in der entscheidenden Phase der Saison nicht zu stoppen. In den letzten zwei Runden gelingt ihm gegen Wil und YB jeweils ein Hattrick. GC erstrahlte mit Núñez nach der Jahrtausendwende in gewohntem Glanz. Vorerst zum letzten Mal. Nur Champions-League-Fussball sollte es im Hardturm keinen mehr zu sehen geben. In der Qualifikation waren Núñez’ Tore nicht genug.

Núñez‘ Integration erleichterten nicht nur seine fussballerischen Qualitäten und die südamerikanischen Mitspieler, sondern auch Carlos Bernegger. GCs damaliger Nachwuchskoordinator, in den Neunzigern selbst aus Argentinien in die Schweiz gekommen, war in Núñez‘ neuer Welt der erste Ansprechpartner: bei der Wohnungssuche, beim ersten Einkaufen oder wenn wieder einmal eine Parkbusse reinflatterte. «Richard ist ein feiner Kerl und hat das insgesamt alles sehr gut gemeistert», hebt Bernegger hervor. Es sei typisch für kreative Spieler, dass sie sich Neuerungen besser anpassen könnten. Eine enge Beziehung entstand auch zwischen den Partnerinnen von Núñez und Bernegger. Der GC-Star war mit der Nationalmannschaft unterwegs, als Silvia Núñez Tochter Florencia zur Welt brachte. Berneggers Frau stand ihr damals im Gebärsaal zur Seite.

Richard, zweimal Meister, zweimal Torschützenkönig in der Schweiz. Warst du eigentlich überrascht, dass es dir auf Anhieb so gut lief?
Ich erinnere mich an meine erste Reise mit dem Team, nach Lugano. Ich war noch nicht spielberechtigt und merkte sofort, dass der Fussball anders, schneller war als in Uruguay. Aber Sorgen bereitete mir dies natürlich nicht [lacht]. Ehrlich gesagt: Es war damals sehr schwierig, nicht zu gewinnen mit GC. Wir hatten grossartige Spieler, ein super Team – wir waren schlicht die Besten.

Deine älteste Tochter ist in der Schweiz zur Welt gekommen. Und sie hat einen bekannten Götti, deinen direkten Konkurrenten um die Torschützenkrone.
Ja, Christian Giménez ist Florencias Pate – und mein bester Freund. Wir haben uns erst vor wenigen Tagen gesehen, er kommt immer wieder zu meiner Familie nach Montevideo in die Ferien. Trotz der Rivalität zwischen GC und dem FCB trafen wir uns wann immer möglich, reisten gemeinsam durch Europa. Wir haben übrigens eine Abmachung: Gemeinsam werden wir eines Tages Trainerduo in der Schweiz [lacht]. Beim FCB würde ich sein Assistenztrainer, er bei mir bei GC.

Apropos Basel. Stand ein Wechsel zum FCB nie zur Diskussion?
Nein, für mich zu keinem Zeitpunkt. Die Möglichkeit bestand, und der Reiz, mit meinem besten Freund, eben Christian Gimenez, zu spielen, war gross. Ich erinnere mich an ein Abendessen mit Christian, den Brüdern Yakin, meinem Berater Petralito und Frau Oeri. Unter meinem Teller fand ich ein «kleines Geschenk». Ich lehnte dankend ab, meine Loyalität zu GC war zu gross.