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Was unsere Kurven singen

Den besten Soundtrack der Super League liefern natürlich die Fankurven. ZWÖLF schickte seine besten Musikdetektive los um endlich herauszukriegen, woher eigentlich die Melodien kommen, mit denen die Fans ihre Mannschaft zum Erfolg zu singen versuchen. Hier findet ihr eine Auswahl der Ergebnisse unserer akribischen Arbeit. Viel Spass mit den Originalen und dem, was daraus gemacht wird.

01 – Ist ja klar: Zur grossen Kunst, die im Brügglifeld geboten wird, passen natürlich Werke der Hochkultur am besten. So bedienen sich die FCA-Fans – wie unzählige andere Kurven ebenfalls – aus Giuseppe Verdis Oper «AIDA» von 1871. Und was passt daraus besser als der «Triumphmarsch»?

02 – Auch Johann Strauss kommt zur Ehre, die Vorlage für einen FCA-Gesang zu liefern. Aus seiner Operette «DER ZIGEUNERBARON» von 1885 grölt man im Brügglifeld – und längst nicht nur dort – aus dem 1. Akt das Stück «Als flotter Geist».

03 – Bier mag das beliebteste Getränk der Fankurven sein, dennoch haben die Winzer ein viel verbreitertes Lied als die Brauer. «L’UVA FOGARINI», ein italienisches Volkslied über eine Rebsorte aus Emilia-Romagna, hat es nämlich um die ganze Fussballwelt geschafft – auch bis nach Aarau.

04 – Auch eine andere Canzone ist in vielen Stadien anzutreffen. «DIETRO AL MONUMENTO DI MAZZINI» kennt man – je länger desto weiter vom Original entfernt – auch beim FCA.


01 – Brasilianisch spielen, brasilianisch singen: Von «AQUARELO DO BRASIL» – komponiert 1939 von Ary Barroso – existieren unzählige Versionen. Zusätzliche Bekanntheit erfuhr der Song als Titelmelodie von Terry Gilliams Film «Brazil» von 1985. Und seit einiger Zeit als Kurvenhit beim FCB.

02 – Eher selten schaffen es Reggae-Songs in die Kurven. Eine Ausnahme bilden Inner Circle, die immerhin drei Hits herausbrachten. «ROCK WITH YOU» von 1992 hört man hier und da noch im Radio – oder aus der Muttenzerkurve.

03 – Aus «Englishman» wird «Immer lüter singe»: Stings Klassiker «ENGLISHMAN IN NEW YORK» von 1987 ist unverwüstlich.

04 – Zum 120. Geburtstag adaptierte die Muttenzerkurve den Song «¿QUIEN SERA?», ein Mambo-Intrumental von Pablo Beltrán und seinem Orchester von 1953. Ein Welthit wurde es als «Sway», gesungen von Dean Martin. Hier aus Copyright-Gründen in der Version von Frank Sinatra.

05 – 1956 beendeten die Sowjets den Ungarn-Aufstand gewaltsam. Zum Zeichen der Solidarität schrieben italienische Musiker den anti-kommunistischen Song «AVANTI RAGAZZI DI BUDA», der an die getöteten Studenten erinnern soll. Mittlerweile erfreut er sich in rechten Kreisen in Ungarn und Italien grosser Popularität.

06 – Am Rheinknie lehnt man auch Weichspül-Pop nicht kategorisch ab. Die Muttenzerkurze stimmt gerne mit ein bei Jason Mraz’ ersten Hit von 2008. «I’M YOURS» hielt mit über 12 Mio. Downloads kurrzeitig den Weltrekord für die meisten digitalen Verkäufe.


01 – In unzähligen Stadien ist dieser Song zu hören. Es war der einzige Hit der Band Steam und trägt den umständlichen Titel «NA NA HEY HEY KISS HIM GOODBYE».

02 – 1995 landeten MC Júnior e Leonardo mit ihrem «RAP DAS ARMAS» einen Überraschungserfolg in Brasilien. 2008 schaffte es ein Remix auch über die Grenzen. Die Fans von Djurgården nahmen den Song in ihre Repertoire auf, bald stimmten auch die Hoppers mit ein.

03 – Eine Truppe, die vom Outfit her auf einem GC-Family-Plakat nicht weiter aufgefallen wäre, brachte 1979 einen Song heraus, der zu den meistgesungenen in Stadien gehört: Die Village Peope tanzten Disco zu «GO WEST», weitaus erfolgreicher war die Version der Pet Shop Boys in den 90ern.

Anmerkung: Bei GC-Gesängen hatten wir besonders Mühe, die Originale zu finden. Wir sind deshalb um jede Hilfe froh. Einige Fangesänge gibt es hier.


01 – Will man Punkte rauben, so hilft ein besonders berühmter Räuber dem FCL: «ALI BABA» ist im Original ein mässig bekannter Song von Bézu aus derm Jahre 1988, der auch in St. Gallen, Basel und Sitten gesungen wird.

02 – 1995 brauchte Michael Jackson bereits fremde Hilfe für einen Nummer-eins-Hit: R. Kelly schrieb ihm «YOU ARE NOT ALONE», das als bislang einzige Single direkt auf Platz 1 der US-Charts einstieg. In den Stadien dieser Welt – auch in Luzern – ist er allgegenwärtig.

03 – Spieler werden kaum noch besungen. Eine Ausnahme ist Luzern-Goalie David Zibung, der gemäss den Fans gross und stark ist und sie alle umhaut. Das alles zur Melodie von Boney M.s Discokracher «HOORAY! HOORAY! IT’S A HOLI-HOLIDAY» von 1979.

04 – Gross und stark sang sich 1998 auch die Schwedin Emilia, die mit der Ballade «BIG BIG WORLD» Europas Charts toppte. Die FCL-Fans bekräftigen mit diesem Gesang hingegen, dass es in der Innerschweiz nur einen Verein gebe.

05 – Kein Interpret ist in Schweizer Fankurven besser vertreten als Mani Matter. Beim FCZ singt man seinen «Eskimo», YB adaptiert seine «Hemmige», beim FCSG ehrt man den «Ferdinand». Und beim FCL hofft man, dass der Absturz aus dem Lied «ALPEFLUG» von 1972 den Verein nicht ereilt.

06 – Seit dem Rücktritt von Nicole Petignat gibt es zwar keine «LADY IN BLACK» mehr, die Melodie des Uriah-Heep-Heuler von 1970 erklingt aber weiterhin in der Swissporarena.



01 – Im FC Sion gibt es nur einen starken Mann. Dessen Fans besingen dennoch einen anderen. Und zwar einen, der erst mit Spinat richtig dreinschlagen kann. Zur Titelmelodie von «POPEYE» bekräftigen die Sittener ihre Vereinstreue.

02 – Der Trommler Manolo gibt bei Valencia den Takt vor, ein anderer Manolo lieferte die Vorlage für diesen Sion-Fangesang. Manolo Escobar heisst der gute Mann, der 1960 den Canción «EL POROMPOMPERO» einspielte.

03 – «Fussball ist wie Krieg», so ein Bonmot von Trainerlegende Rinus Michels. Vielleicht deshalb finden immer wieder in einem Krieg populär gewordene Lieder den Weg ins Stadion. Zum Beispiel «WHEN JOHNNY COMES MARCHING HOME» aus dem Sezessionskrieg.

04 – Sogar ein zweites Stück aus dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg übernahm der Kop Nord in Sion: das weit verbreitete «YANKEE DOODLE», dessen Ursprünge bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen.

05 – Ebenfalls aus dieser Zeit stammt dieses Stück, das im Orginal «Simple Gifts» heisst. Auch in Europa populär wurde es, als Sydney Carter Lyrics dazu schrieb und es fortan als «LORD OF THE DANCE» um die Welt ging.


01 – Alles geklaut und doch ein Welthit: 1989 schmiegten sich Paare (und solche, die es werden wollten) aneinander und tanzten «LAMBADA». Der Soundtrack dazu kam von Kaoma, die Melodie kurzerhand von einer bolivianischen Pop-Gruppe kopiert. Kaoma blieb ein One-Hit-Wonder, in der AFG-Arena gedenkt man seiner.

02 – Ohnehin hat man in der Ostschweiz ein Faible für Eintagsfliegen, deren Namen kaum mehr einer kennt. Die Italienierin Gala zum Beispiel, die 1996 mit «FREED FROM DESIRE» die Charts stürmte.

03 – Aber auch Evergreens finden sich im Liedgut der Espen. Italienische Reispflückerinnen sangen diese Melodie schon Anfang des 20. Jahrhunderts, im Zweiten Weltkrieg wurde sie zur Partisanen-Hymne schlechthin: «BELLA CIAO».

04 – Mit 18 Jahren komponierte der Venezolaner Hugo Blanco sein «MOLIENDO CAFÉ». Seit 1958 erschienen über 800 Versionen dieses Songs – dazu unzählige Adaptionen von Fussballfans aus diversen Ländern.

05 – Während der Olma tanzt die Stadt, da fehlen auch die Partyheuler nicht. Zum Beispiel jener von Italo-Dance-Ikone Gigi D’Agostino von 1999. «L’AMOUR TOUJOURS» heisst der Track, der auch Grünweiss zum Tanzen bringt.

 


01 – «IS THIS THE WAY TO AMARILLO?» fragte Tony Christie 1971 singend. Und das nur, weil ihm nichts anderes einfiel, das sich auf «willow» und «pillow» reimte. Amarillo ist eine Kleinstadt in Texas und wird heute in fast jedem Fussballstadion musikalisch gewürdigt.

02 – Thun liegt zwar an der Aare, besungen werden indes andere Flüsse. 1970 bastelten die Jamaikaner von The Melodians aus Texten des Alten Testaments einen Rocksteady-Song mit dem Titel «RIVERS OF BABYLON», mit einem Cover davon waren Boney M. 1978 unverschämt erfolgreich.

03 – «Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt»: Astrid Lindgren schrieb nicht nur das Buch, sondern 1969 auch gleich den Text zur Titelmelodie der TV-Serie «PIPPI LANGSTRUMPF». Die 13 Folgen werden heute noch regelmässig ausgetrahlt.

04 – 1953 wurde die schnellste Maus von Mexiko geboren, seither treibt sie in Cartoons ihr Unwesen. Der Titelsong zu «SPEEDY GONZALES» wurde in vielen Versionen und Sprachen zum Hit, am erfolgreichsten damit war Pat Boone. Wir hören hier aus Copyright-Gründen die deutsche Adaption von Rex Gildo.

 


01 – Böse Zungen behaupten, die Fans des FC Vaduz würden gar nicht singen. Der Irrglaube beruht indes lediglich darauf, dass sich viele Fussballfans kaum in Avantgarde-Kunst auskennen. Sonst wüssten sie längst, dass FCV-Fans eine erstaunlich originaltreue Version von John Cages Klassiker «4’33”» im Repertoire haben! Hier hören wir eine Aufnahme der Uraufführung im August 1952 in der Maverick Concert Hall. In voller Länge!

Anmerkung: Falls ihr Hinweise oder gar Aufnahmen von Vaduz-Fans habt, würden wir uns über eine Mitteilung freuen.



01 – 1882 gab es die Young Boys noch nicht, diesen Song hingegen schon, den die Berner zu ihrem Liedgut zählen: Ein Herr namens Quirino Mendoza y Cortés machte «CIELITO LINDO» populär. Wie viele Versionen es davon mittlerweile gibt, kann niemand mehr sagen. Wir Schweizer singen dazu gerne «Immer nur Gorgonzola».

02 – Zu den ruhmreichen Young Boys passt natürlich auch ein erfolgreiches Young Girl: 1963 stand Peggy March, gerade mal 15 Jahre alt, zuoberst in den US-Charts mit ihrem «I WILL FOLLOW HIM», einer Version des Petula-Clark-Songs «Chariot».

03 – Als das Bundesamt für Kultur die Kantone aufforderte, schützenswerte lebendige Traditionen einzureichen, kam aus Bern tatsächlich das YB-Lied «Häbed nech am Bänkli», das seit 1973 aus Stadionlautsprechern und der Kurve zu hören ist. Zu dieser Melodie wird allerdings schon viel länger geschunkelt, wie uns Gustav Schönwald mit seiner Version «OH SUSANNA (TRINK ‘MA NOCH’N TRÖPFCHEN)» von 1912 beweist.

04 – Der letzte YB-Titel ist aus einer längst vergangenen Zeit. Auf Schottisch heisst das «AULD LANG SYNE» und das gleichnamige Stück singt man dort traditionell zum Jahreswechsel. Das Abschiedslied wird von vielen Kurven etwas fetziger als Anfeuerungsgesang verwendet, besonders bei YB, dem FCZ und GC.

05 – Geradezu königlich werden bei YB traditionellerweise die letzten 15 Minuten eingesungen. Die Melodie dazu liefert das niederländische Nationallied «ORANJE BOVEN», das seinerseits übrigens auf einem Kinderlied basiert. Vielerorts wird es von Fans und Spielern nach Titelgewinnen gejohlt.

06 – Als Edwin Pearce Christy sein Stück «GOODNIGHT, LADIES» 1867 erstmals aufführte, war Fussball noch total underground. Aber die Melodie war so simpel und eingängig, dass sie in der Folge in unzähligen Variationen auftauchte und heute aus den Stadien nicht mehr wegzudenken ist («XY, du bist die Nummer eins!»). Dafür sorgten vor allem zwei Versionen: Der Karnevalsheuler «Rucki Zucki» von Schlagersänger Ernst Neger und jene des Cockerel Chorus, der 1973 mit dem Titel «Nice One, Cyril» den Tottenham-Verteidiger Cyril Knowles würdigte.



01 – Bonnie Tyler besang 1978 poppig ihren «HEARTACHE». Da hätte sie sich nicht denken können, dass ihr Liedchen dereinst dafür herhalten muss, damit sich Fussballfans wie die des FCZ mit einer Prise Ironie als Asoziale feiern können, die unter Brücken oder in der Bahnhofsmission schlafen.

02 – Marcella sang 1972 beim San-Remo-Festival ihren Schmusesong «MONTAGNE VERDI» und das Publikum schmolz dahin. Mit nicht ganz so lieblicher Stimme, dafür umso inbrünstiger johlen die FCZ-Fans zu ihrer Melodie die Südkurven-Hymne.
03 – Bon Jovi wissen wohl kaum mehr wohin mit all ihren Platinum-Auszeichnungen, die sie für ihren 1987er-Hit «LIVIN’ ON A PRAYER» einheimsten. In der Südkurve hat man bei diesem Song Tag und Nacht nur einen Gedanken. Es ist kaum der Gleiche, den die Föhnfrisur-Rocker damals hatten.

04 – Die 80er waren für den FCZ zwar sportlich desaströs, dafür bedient man sich gerne aus dem Fundus der Musik von damals. Zum Beispiel Mike Oldfields Klassiker «MOONLIGHT SHADOW» von 1983. Punkten kann man übrigens bei jedem Pub-Quiz, wenn man weiss, welche Sängerin er dafür beizog. Ihr Name: Maggie Reilly.

05 – 1902 feierte der FCZ seinen ersten Meistertitel und Scott Japlin spielte am Klavier seinen grössten Hit ein: «THE ENTERTAINER». Das Stück fand vielfache Verwendung, etwa als Titelstück der Gauner-Komödie «The Sting» mit Robert Redford. Oder eben als Fangesang im Letzigrund.

06 – In der Sammlung «Volkslieder für Männerstimmen» wurde dieses Lied 1827 erstmals veröffentlicht. Prädestiniert also für Fankurven. Nicht nur quer durch die Bundesliga wird «DAS LIEBEN BRINGT GROSS’ FREUD» – hier in der Version von Heino – als «So wie Eisen und Granit» gesungen, sondern auch beim FCZ. Wobei wir noch immer nicht genau wissen, wann Real Madrid in die Nati A eingezogen ist.