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Markus Neumayr

neum_MG_5807Warum hast du Kurve gekriegt, während viele andere in so einer Situation aufgeben?
Auch bei mir gab es Momente, in denen ich ans Aufhören dachte. Doch selbst an den schlimmsten Tagen glühte noch ein Funken dieser Fussballleidenschaft. Die Mit der Geburt meiner Tochter hatte ich dann einen weiteren Grund weiterzumachen: Ich wollte kein schlechtes Vorbild sein für meine Kinder. Ich wollte diesen Turnaround schaffen! Und das habe ich – auch dank der Unterstützung meiner Frau. Darauf bin ich sehr stolz!

Mit deinem Wechsel in die Schweiz ging es wieder aufwärts. Weil der Fussball hier weniger Beachtung findet und der Druck deshalb nicht so gross ist?
Es war nicht deswegen. Ich kam in die Super League zum FC Thun, da war Murat Yakin Trainer. Er hat mir eine gewisse Wärme vermittelt, die mir sehr geholfen hat, das Vertrauen in meine Qualitäten zurück zu gewinnen. Er hat oft das Gespräch gesucht, wie das Giorgio Contini jetzt beim FC Vaduz auch macht.

Neu für dich war sicher auch die Ruhe vor den Fans hierzulande.
Das ist gerade in Deutschland schon sehr anders. Da gibt es viele, die nur für den Verein leben. Die wollen dann auch möglichst überall dabei sein, selbst im Training. In England war das Training geschlossen. Ferguson sagte jeweils: «Das Training ist da, um sich weiter zu entwickeln. Das Spiel ist für die Fans.» in Deutschland wird das nun auch nach und nach übernommen. Das ist schade für den Fan, aber ich kann es nachvollziehen.

Inwiefern?
Das Training ist unsere normale Arbeit, so wie andere im Büro sitzen. Da sollte man sich konzentrieren, und es ist nicht förderlich, wenn man andauernd beobachtet wird. Meiner Meinung nach kann es nicht das Recht eines Fans sein, immer dabei sein zu können. Da sind wir irgendwann bei «Big Brother».

Bei deinen bisherigen Stationen in der Schweizer Liga dürfte das kaum ein Problem gewesen sein.
Das hat auch mit der Mentalität zu tun. Hier schätzt man die Distanz zu anderen Leuten mehr, in Deutschland ist man konkreter und offener. Selbst in Duisburg konnte ich nicht in ein Restaurant gehen, ohne ständig um Autogramme gefragt zu werden. Beides hat seine Vorteile. Eine gesunde Mitte wäre das Beste. Als Fussballer ist es angenehm, wenn du nicht gleich belagert wirst, gleichzeitig würde ich mir doch etwas mehr Begeisterung wünschen. Und ich glaube auch, dass dies möglich ist, in Vaduz und für die Super League allgemein.

Würdest du der Aussage zustimmen, dass du jetzt so gut bist wie noch nie?
Zumindest so gut wie schon lange nicht mehr. Als Zenit würde ich es aber nicht bezeichnen. Ich habe mich die letzten Jahre kontinuierlich gesteigert und denke, da ist noch mehr möglich.

Die grosse Bühne reizt dich also immer noch?
Die Bühne Super League ist schon sehr gut, wenn man bedenkt, wo ich vor einigen Jahren war. Aber klar habe ich noch Ambitionen und würde gerne noch einen Sprung nach oben machen.

Du würdest das Risiko eines Wechsels auf dich nehmen, obwohl du selber erlebt hast, wie schnell man fallen kann?
Heute bin ich ein gestandener Spieler und weiss, was ich kann. Mich wirft so schnell nichts mehr aus der Bahn. Angenommen ich würde es bei einem grossen Verein versuchen und es nicht packen, würde auch keine Welt zusammenbrechen. Dann wüsste ich, wo ich wieder einsteigen könnte.

Gab es denn schon Anfragen, nach deinen zwei sehr guten Saisons mit Vaduz?
Gerade im Winter hatte ich zwei Offerten. Aber es braucht heute schon mehr, damit ich alles stehen und liegen lasse. Ich habe hier einen tollen Verein und fühle mich sehr wohl. So erfolgreich wie jetzt war der FC Vaduz noch gar nie in seiner Geschichte und ich bin stolz, dass ich einen erheblichen Beitrag dazu leisten darf.

Bei Vaduz gibt es neben dir einige, die es zuvor bei grösseren Klubs nicht ganz geschafft haben. Verbindet das?
Das ist bei uns kein Thema. Viele genossen eine gute fussballerische Ausbildung, das merkt man auch. Einige waren anderorts vielleicht nicht so weit, wie sie hätten sein sollen. Das war bei mir auch so. Wäre ich vor 7-8 Jahren so weit gewesen wie jetzt, hätte ich in der Bundesliga Fuss gefasst. Es ist immer ein Prozess und es spielt sich sehr viel Kopf ab. Deshalb schaffen es einige direkt bei Basel, andere erst bei Vaduz und noch andere auch hier nicht. Die Voraussetzungen hier sind jedenfalls ideal, auch für die Neulancierung einer Karriere. Die Stimmung im Team ist top, es gibt keinen Neid, jeder geht für den anderen. Trainer Contini lebt es vor. Dieses Umfeld bietet beste Unterstützung.

Mit all deinen nicht nur positiven Erfahrung würdest du doch einen guten Bildschirmfoto 2015-12-06 um 20.34.12Trainer abgeben später.
Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich hätte schon Ansatzpunkte, wie man einem Spieler helfen kann, der sein Potenzial nicht ausschöpfen kann. Man muss sich richtig für den Spieler interessieren, seinen Background und seinen Weg kennen. Dieser soziale Aspekt wäre sicher eine Stärke von mir.

Dein Mitspieler Franz Burgmeier hat dich in einem Interview mal als «spezieller Typ» beschrieben. Wie meinte er das?
Ich vermittle viel Freude und den einen anderen Scherz habe ich schon auf Lager. Das ist hier besonders wichtig. Wir müssen auch mal über uns selber lachen können. Ich fühle mich aber nicht als Freak. Mir macht es Spass, nicht dem Prototyp des Fussballers zu entsprechen.