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Die Blacky-Story

200 Personen in Ungarn
Gross waren die Fortschritte in den ­Anfangsjahren. Die Umsätze sollen sich laut einem Zeitungsartikel von Anfang der 90er-Jahre jeweils von Geschäftsbericht zu Geschäftsbericht verdoppelt haben. Schon bald zog der Betrieb von Wil ins benachbarte Münchwilen und richtete sich in einer bestehenden Weberei ein. Vorerst produzierte man alles in der Schweiz, bald aber ging ein grosser Teil der Arbeit ins Ausland. Während im Thurgau an die 50 Personen in Verwaltung, Druck und Schneiderei arbeiteten, beschäftigte Blacky zu ihren besten Zeiten bis zu 200 Personen in Ungarn. Drucker und Näherinnen verarbeiteten dort die Waren für grössere Serien und für den Ladenverkauf, in Münchwilen entstanden die Produkte für die Profiteams.

Der Einstieg in den Fussball hatte viel mit dem Radsport zu tun. Wie Bruno Schwarz war auch der damalige Präsident des FC Wettingen im Radsport involviert. Hubert Stöckli vertrieb Spielautomaten und machte damit lange viel Geld, das er grosszügig für den Sport einsetzte, unter anderem für den Radsport und den Fahrer Max Hürzeler. Durch die Radszene lernten sich Hubert Stöckli und Bruno Schwarz kennen. Die erste Kooperation von ­Blacky im Fussball – mit dem FC Wettingen – hatte aus heutiger Sicht schon fast ketzerische Züge: Die Aargauer spielten immer noch in einem Adidas-Trikot, setzten aber kurzerhand einen Blacky-Schriftzug als Sponsor auf die Brust.

Marcel Heldmann im Wettingen-Trikot

Eine Saison später wurde Blacky schliesslich zum Ausrüster des FC Wettingen. Der damalige Sportchef Fredy Strasser erinnert sich daran, wie er mit Hubert Stöckli und dem Finanzchef des Vereins nach Münchwilen fuhr und ­einen halben Tag lang die Ausrüstung zusammengestellt wurde. «Vom Design her konnte Adidas nicht mithalten», sagt Strasser über die damals revolutionären Produkte. Die Trainingsanzüge seien perfekt gewesen. «Ab und zu hatten wir aber Probleme mit den Schuhen», sagt Strasser. Der Verein war dazu verpflichtet, sogar am Fuss mit der Hausmarke aufzutreten. Auch Martin Rueda, damals Verteidiger in Wettingen und heute Trainer der Young Boys, hat schlechte Erinnerungen an den Schuh. «Der war nicht besonders gut, und manchmal musste man Änderungen vornehmen.» Umso lieber trug Rueda aber das legendäre Dress des FC Wettingen. Leicht und angenehm sei es gewesen.

Es war ein Trikot, das 1989 durch mehrere Ereignisse reichlich im Bild war. ­Blackys Aushängeschild FC Wettingen stand laufend in den Schlagzeilen – negativ und positiv. Am 7. Oktober 1989 hatte der Schiedsrichter Bruno Klötzli das Spiel zwischen Sitten und Wettingen mit dem üblichen dreifachen Pfiff beendet. Etwas zu früh. Ein Schuss von Martin Rueda flog gerade ins Sittener Tor. Es wäre der Ausgleich zum 1:1 gewesen. Doch der Treffer zählte nicht. Einige ­Wettinger trieben darauf den Schiedsrichter wie verängstigtes Wild über den Rasen des Tourbillon, ­traten mit Fäusten und ­Blacky-Schuhen nach ihm, die dafür wohl ganz gut geeignet waren. Die Bilder gingen über die Schweizer Bildschirme und füllten die Sportseiten der Zeitungen: ein verängstigter Klötzli mit weit aufgerissenen ­Augen, nach Luft japsend. Dahinter einige ­Wettinger – im Blacky-Dress.

Sichtbar gegen Gott
Nur elf Tage nach dem Skandal von Sitten stand Wettingen in einem ganz anderen Licht. Im Zürcher Letzigrund als Ausweichstadion ging so etwas wie das Spiel des Jahres über die Bühne, nicht nur für den FC Wettingen, sondern auch für den Schweizer Fussball. Im UEFA-Cup waren der SSC Napoli und ihr Weltstar Diego Armando Maradona die Gäste des kleinen Klubs aus dem Mitteland. Mit der Partie im Letzigrund nahmen die Aargauer so viel ein, wie sie sonst in einer ganzen Saison zur Verfügung hatten. Alle Schweinwerfer waren auf sie gerichtet – oder besser gesagt: auf den lebenden Fussballgott, dem damals unerreichten Maradona, Weltmeister 1986, Serie-A-Champion 1987 und Titelverteidiger des UEFA-Cups. Die Partie war beste Werbung auf nationalem und internationalem Parkett für Blacky. Und als wäre der schachbrettartige Dress mit der schicken Hosentasche auf der rechten Pobacke nicht auffällig genug gewesen, dachten sich die Blacky-Verantwortlichen einen Plan für mehr Sichtbarkeit während des Spiels aus.

Eigentlich war die Idee simpel, aber sie grenzte an Genialität. Dumm nur, dass sie hochgradig illegal war. Wer würde der auffälligste Spieler der Partie und somit am häufigsten im Bild sein? Logisch. ­Diego Armando Maradona. Wer würde am meisten neben ihm stehen? Klar. Sein ­direkter Gegenspieler und Manndecker, Jan ­Svensson. Die Legende besagt, dass zehn Wettinger Spieler mit einem gewöhnlichen Leibchen und dem Sponsor Continentale Versicherungen auf der Brust auf den Platz gingen. Nur einer nicht. Jan Svensson soll einen Blacky-Schriftzug auf dem Shirt gehabt haben. Auf den wenigen überlieferten Bildern jenes Abends ist ­dieses Detail nicht zu sehen. 23 Jahre ­später können sich Mitspieler wie Stiel oder Rueda nicht mehr an diesen Vorfall erinnern. Der ­damalige Sportchef Fredy Strasser kennt diese ­Geschichte. Er erzählt sie, räumt aber ein, den effektiven Wahrheitsgehalt nicht zu kennen. «Ich als Sportchef war damals nicht eingeweiht. Vermutlich handelte es sich um eine Abmachung zwischen dem Blacky-Besitzer Schwarz, unserem Präsidenten Stöckli und Svensson.» Strasser vermutet, Svensson habe den Dress erst auf dem Platz angezogen, um zuvor nicht aufzufallen.

Wer könnte es also besser wissen als der Schwede selbst? Längst ist er nicht mehr im Fussball tätig. In seiner Heimat arbeitet er seit 15 Jahren für die Lotteriegesellschaft, bei der er sich mit Sicherheitsfragen beschäftigt. «Schon lange nichts aus der Schweiz gehört», sagt er in den Telefonhörer. Spricht man ihn auf die Marke Blacky an und jenes Spiel gegen Maradona, so lacht er laut und lange. «Ja, das stimmt», sagt Jan Svensson sogleich, ­«irgendetwas war an meiner Trikotwerbung nicht erlaubt.» Was genau vom Shirt seiner ­Kollegen abwich, weiss er nicht mehr. «Nicht einmal ich wusste etwas davon», berichtet Svensson, «erst nach dem Spiel wurde ich darauf angesprochen. Gemerkt hatte ich selber nichts.» Der Schwindel habe viel zu reden gegeben, und eine ­Strafe sei dem Verein angedroht worden – ob von der UEFA oder vom eigentlichen Sponsor, auch daran kann sich Svensson nicht genau erinnern. Im Rückspiel in Napoli war Maradona intern gesperrt. Dort spielte Svensson mit dem legalen Schriftzug. Und diesen Dress kann man kaum vergessen: feuriges Rot mit gelben Sternen.